Dienstag, 16. Juni 2009

"As-salamu alaikum" oder: Ich bin mal eben pilgern ... nach Mekka



Der Haddsch, also die traditionelle Pilgerreise nach Mekka, ist eine der fünf Säulen des Islam - und das Tolle daran: Ich habe sie schon gemacht, naja, zumindest virtuell - in Second Life.

Das ist nämlich auf dem SL-Gelände des Portals Islam-online.net möglich. Beeindruckend, was die gebaut haben: Alle Stationen der Pilgerfahrt werden genau erklärt. Am Eingang erhalte ich ersteinmal ein würdiges Pilgergwand.

In Mekka angekommen nehme ich mir einen Moment Zeit, gehe zur Kaaba und betrachte das großartige, filigrane Panorama, als ich von der Seite angepsrochen werde. Ich drehe mich um und schaue in das Gesicht einer hübschen jungen Dame. Komplett in der Farbe des Propheten, grün, gehüllt, fällt der leichte schimmernde Stoff Ihres Kleides filigran zu Boden. Das Gesicht ist nicht verhüllt, es ist ja auch Frauen während der Haddsch verboten, es zu verhüllen. Es ist Ebrar, die - wie sich später herausstellen wird - auch ein besonderes Interesse für religiöse Orte in Sl hat. Sie ist Muslimin. Ich erfahre an diesem Abend viel über den Islam von meiner netten charmaten Gesprächspartnerin. Alhamadulilah - Gott seis gedankt und Mashallah - was nur schwer übersetzbar ist und soviel bedeutet wie "Gott hats wunderbar so eingerichtet". Etwas beeindrucken kann ich sie dann auch mit inshallah, das ich kenne und das "So Gott will" oder "Wie Gott will" bedeutet.

"As-salamu alaikum", die arabische Grußformel "Friede sei mit dir": Als ich mit Ebrar so darüber spreche stellen wir fest, wie ähnlich doch in unserer beider Religion diese einfache Grußformel ist - und wie sehr sie uns beide im Herzen berührt. Sie hat etwas friedvolles, da sind wir uns einig. Erstaunt ist Ebrar, als ich Ihr erzähle, dass wir Katholiken eigentlich 7 Gebetszeiten haben. Zu der Komplet in Sankt Georg, Mi. und So. um 22 Uhr lade ich sie herzliche ein, sie will auch einmal kommen. Im Gegenzug bin ich nun zu einem der inworld Freitagstreffen in Mekka eingeladen - immerhin über 700 Mitglieder zählt die Gruppe von islam-online in SL.


St. Georg auf der Missionale

Die junge Dame beugt sich über meine Schulter und schaut auf den Bildschirm. Im Browserfenster sitzen Avatare entspannt auf einer Terrasse, schütten sich mit seltsam unkoordinierten Bewegungen eine Blaue Flüssigkeit in den Hemdkragen, während sie den Kopf weit zu zurücklegen. »Die Trink-Animationen funktionieren noch nicht richtig«, meine ich entschuldigend. Die Avatare scheint das nicht zu stören, im Chatfenster gehen kurze Bemerkungen hin und her. Über das Mikrofon spreche ich, oder besser, spricht mein Avatar Augustinus Foggarty die Runde in der »Wunderbar« an: »Wir haben jetzt gerade eine Pause im Maxhaus, und hier ist eine Teilnehmerin des Talks, um euch zu begrüßen.« Der Avatar Biggi Luminos grüßt freundlich zurück, sogar über den Voice Chat. Klar und deutlich kommt ihre Stimme aus dem Lautsprecher.

Die junge Frau ist überrascht: »Oh! das sind ja wirkliche Menschen!«

Ort des Geschehens war das Maxhaus in Düsseldorf … und gleichzeitig die »Wunderbar« in Hadar, der zu einem Café umfunktionierte Säulengang in Second Life, nahe bei der virtuellen Georgskirche. Das Geschehen selber – eine Veranstaltung, das gleichzeitig in Second Life und im wirklichen Düsseldorf stattfand, anläßlich der Missionale, einer Großveranstaltung der Düsseldorfer Katholischen Kirche, während der sich die Katholiken der Stadt bemühten, »die Türen für Christus zu öffnen«. Als Türöffner betätigten sich an diesem Abend sechs Talkgäste, junge Leute zwischen zwanzig und dreißig. Das von der Gemeinschaft Emmanuel herausgegebene Thema war: »Warum glauben, wenn ich alles weiß?«



Die sechs jungen Leute tauschten sich rege über ihr alltägliches Leben mit Gott aus. Fragen wie »Wie sieht denn deine Beziehung zu Gott im Alltag aus?« sorgten dafür, daß die Talkrunde lebensnah blieb. Die Talkrunde aus dem Maxhaus konnte über die Voicechat-Einspielung von Augustinus Foggarty in die virtuelle Umgebung des Forums übertragen werden. Ein Foto der Runde in Düsseldorf gab den Online-Teilnehmern und Teilnehmerinnen wenigstens einen Eindruck der Bühne im Lichthof des Maxhauses. Gleichzeitig konnte die Runde in Second Life über eine Beamerprojektion den Teilnehmern im Maxhaus zugänglich gemacht werden.



Nach der Pause, in der die junge Besucherin in der realen Welt ihre überraschende Begegnung mit der virtuellen Biggi Luminos erlebte, folgte die von der Gemeinschaft Emmanuel mit den Usern in der virtuellen Georgskirche gemeinsam gesungene und gebetete Komplet. Vor der Projektionswand wandten sich die Teilnehmer im Maxhaus mit den Usern in der virtuellen Georgskirche dem Kreuz von St. Georg zu.

Ohne die Technische Unterstützung eines realen IT-Schülers wäre dieser Abend bereits an den technischen Schwierigkeiten im Maxhaus gescheitert. (Und der reale Besitzer von Augustinus Foggarty völlig verzweifelt.) So aber lief technisch alles glatt. Da der Vorlauf vor Ort und in der virtuellen Umgebung sehr knapp war, hielt sich die Besucherzahl in Grenzen. Mit besserer Vorbereitung hätte sicher auch einer oder zwei der Talkgäste aus dem virtuellen Bereich zugeschaltet werden können. Eine Diashow in Second life hätte Life-Einspielungen von Fotos aus dem Maxhaus ermöglicht. So aber scheint es mir ein guter Test für kombinbierte RL-und SL- Veranstaltungen gewesen zu sein.

Und Biggi Luminos ist dem Vernehmen nach sogar im weiteren Verlauf der Missionale jener jungen Dame tatsächlich und leibhaftig begegnet.

Links:
Missionale Düsseldorf
Gemeinschaft Emmanuel
Maxhaus