Die junge Dame beugt sich über meine Schulter und schaut auf den Bildschirm. Im Browserfenster sitzen Avatare entspannt auf einer Terrasse, schütten sich mit seltsam unkoordinierten Bewegungen eine Blaue Flüssigkeit in den Hemdkragen, während sie den Kopf weit zu zurücklegen. »Die Trink-Animationen funktionieren noch nicht richtig«, meine ich entschuldigend. Die Avatare scheint das nicht zu stören, im Chatfenster gehen kurze Bemerkungen hin und her. Über das Mikrofon spreche ich, oder besser, spricht mein Avatar Augustinus Foggarty die Runde in der »Wunderbar« an: »Wir haben jetzt gerade eine Pause im Maxhaus, und hier ist eine Teilnehmerin des Talks, um euch zu begrüßen.« Der Avatar Biggi Luminos grüßt freundlich zurück, sogar über den Voice Chat. Klar und deutlich kommt ihre Stimme aus dem Lautsprecher.
Die junge Frau ist überrascht: »Oh! das sind ja wirkliche Menschen!«
Ort des Geschehens war das Maxhaus in Düsseldorf … und gleichzeitig die »Wunderbar« in Hadar, der zu einem Café umfunktionierte Säulengang in Second Life, nahe bei der virtuellen Georgskirche. Das Geschehen selber – eine Veranstaltung, das gleichzeitig in Second Life und im wirklichen Düsseldorf stattfand, anläßlich der Missionale, einer Großveranstaltung der Düsseldorfer Katholischen Kirche, während der sich die Katholiken der Stadt bemühten, »die Türen für Christus zu öffnen«. Als Türöffner betätigten sich an diesem Abend sechs Talkgäste, junge Leute zwischen zwanzig und dreißig. Das von der Gemeinschaft Emmanuel herausgegebene Thema war: »Warum glauben, wenn ich alles weiß?«
Die sechs jungen Leute tauschten sich rege über ihr alltägliches Leben mit Gott aus. Fragen wie »Wie sieht denn deine Beziehung zu Gott im Alltag aus?« sorgten dafür, daß die Talkrunde lebensnah blieb. Die Talkrunde aus dem Maxhaus konnte über die Voicechat-Einspielung von Augustinus Foggarty in die virtuelle Umgebung des Forums übertragen werden. Ein Foto der Runde in Düsseldorf gab den Online-Teilnehmern und Teilnehmerinnen wenigstens einen Eindruck der Bühne im Lichthof des Maxhauses. Gleichzeitig konnte die Runde in Second Life über eine Beamerprojektion den Teilnehmern im Maxhaus zugänglich gemacht werden.
Nach der Pause, in der die junge Besucherin in der realen Welt ihre überraschende Begegnung mit der virtuellen Biggi Luminos erlebte, folgte die von der Gemeinschaft Emmanuel mit den Usern in der virtuellen Georgskirche gemeinsam gesungene und gebetete Komplet. Vor der Projektionswand wandten sich die Teilnehmer im Maxhaus mit den Usern in der virtuellen Georgskirche dem Kreuz von St. Georg zu.
Ohne die Technische Unterstützung eines realen IT-Schülers wäre dieser Abend bereits an den technischen Schwierigkeiten im Maxhaus gescheitert. (Und der reale Besitzer von Augustinus Foggarty völlig verzweifelt.) So aber lief technisch alles glatt. Da der Vorlauf vor Ort und in der virtuellen Umgebung sehr knapp war, hielt sich die Besucherzahl in Grenzen. Mit besserer Vorbereitung hätte sicher auch einer oder zwei der Talkgäste aus dem virtuellen Bereich zugeschaltet werden können. Eine Diashow in Second life hätte Life-Einspielungen von Fotos aus dem Maxhaus ermöglicht. So aber scheint es mir ein guter Test für kombinbierte RL-und SL- Veranstaltungen gewesen zu sein.
Und Biggi Luminos ist dem Vernehmen nach sogar im weiteren Verlauf der Missionale jener jungen Dame tatsächlich und leibhaftig begegnet.
Links:
Missionale Düsseldorf
Gemeinschaft Emmanuel
Maxhaus
Drollig
vor 4 Jahren
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